Für viele Menschen sind Computerspiele nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Insbesondere Ego-Shooter erfreuen sich seit mehreren Jahrzehnten großer Beliebtheit. In der immersiven Atmosphäre dieser Kriegs-Computerspiele, in denen man die Rolle von Soldat*innen einnimmt, wird dem Bedürfnis „abzuschalten“ nachgegangen. Doch warum wird die friedvolle Auszeit von der realen Welt auf dem virtuellen Schlachtfeld gesucht? Kann diesen gesellschaftlich anerkannten Kriegsmustern entgegengewirkt werden, die sich zuletzt in der ästhetischen Struktur von Kriegs-Computerspielen manifestieren? Mit der Präsentation der Arbeit ‚How to Disappear‘ des Künstler*innenkollektivs Total Refusal widmet sich die Ausstellung ‚Widerständige Bilder‘ ebendiesen Fragen.
02.07.23 —
17.09.23
Der Film ‚How to Disappear‘ untersucht Möglichkeiten und Grenzen eines pazifistischen Agierens in einem Raum, der dazu kreiert wurde „Krieg zu spielen“: Das Kriegs-Computerspiel. Von einer weiblichen Stimme begleitet, die die Geschichte des Desertierens erzählt, stellt das Kollektiv durch Interventionen im Kriegs-Computerspiel Battlefield V hierin vorherrschende Wahrnehmungs- und Handlungsmechanismen infrage. In einem essayistischen Stil werden eigensinnige Möglichkeiten des Widersetzens erforscht in denen der zivile Ungehorsam in das Zentrum rückt. Doch die Logik des Spiels widerspricht der Logik des Krieges. Ebendieses Paradox macht sich Total Refusal zueigen. Das wegweisenden Werk ‚How to Disappear‘ ist eine Hommage an die Desertion – sowohl im digitalen als auch im realen Krieg – und im wahrsten Sinne des Wortes ein Antikriegsfilm. Durch die Suche nach Frieden an einem Ort, der für das Spielen von Krieg geschaffen wurde, zeigt ‚How to Disappear‘ unsere Handlungsmacht auf, welche ermöglicht selbst in den unwahrscheinlichsten Momenten und Umgebungen den Mechanismen des Krieges zu trotzen.
Über Total Refusal:
Das Künstler-, Forscher- und Filmemacher:innen-Kollektiv und pseudo-marxistische Medienguerilla Total Refusal (Susanna Flock, Adrian Haim, Jona Kleinlein, Robin Klengel, Leonhard Müllner, Michael Stumpf) interveniert in aktuelle Videospiele und schreibt Arbeiten über Games und Politik. In ihrer Arbeit recyceln sie die Bühnenbilder von Mainstream-Videospielen und schaffen politische Erzählungen in Form von Videos, Interventionen, Performances und Vorträgen. Seit der Gründung 2018 wurden ihre Filme und Arbeiten mit über 40 Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Best Short Direction Award im Locarno Film Festival, dem Diagonale Filmpreis für die beste Kurzdoku, dem Förderpreis für Bildende Kunst des Landes Steiermark und dem Vimeo Staff Pick Award. Die Arbeiten von Total Refusal wurden auf mehr als 250 Film- und Videofestivals wie dem Locarno Film Festival, der Berlinale, der Doc Fortnight im MOMA New York und der IDFA Amsterdam gezeigt und waren in verschiedenen Ausstellungsräumen wie der Architekturbiennale Venedig 2021, der HEK Basel und der Ars Electronica Linz zu sehen.
Susanna Flock
Susanna Flock (*1988 in Graz), lebt und arbeitet als bildende/mediale Künstlerin in Wien. Sie studierte an der Universität für künstlerische Gestaltung Linz (2015) und an der Akademie der bildenden Künste Wien (2017). Sie arbeitet im Bereich Video und Videoinstallation und beschäftigt sich mit Internetphänomenen. Zuletzt wurde sie mit der Cité internationale des arts Residency des BMLÖS (2024), der Pixel, Bytes and Film Residency (2020), dem Viktor-Fogarassy-Preis (2019), der Rote Fabrik Residency Zürich (2019), dem Start-Stipendium für Medienkunst Österreich (2018) und mit einem Stipendium der Akademie Schloss Solitude (2018) ausgezeichnet. Seit 2020 ist sie Teil von Total Refusal.
Photo: (c) Johannes Richter
Adrian Jonas Haim
Adrian Jonas Haim (*1991 Wien) macht Film und Politik in Wien und anderswo. Studium der Politikwissenschaft & Experimentelle Spielkulturen an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Engagiert in verschiedenen Schreib-, Musik- und Kunstprojekten mit einem Fokus auf Marxismus und Ideologie in transmedialer Kultur. Ehemaliger Redakteur bei der MALMOE Zeitung, tätig als Programmierer für Filmreihen zur Erinnerungspolitik (Filmclub Tacheles, Jüdisches Filmfestival Wien, This Human World Filmfestival). Seit 2020 ist er Teil von Total Refusal.
Photo: (c) Total Refusal
Jona Kleinlein
Jona Kleinlein (*1993 in Stuttgart), lebt und arbeitet in Wien und beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten von Film, Videospielen und Installationen. Er studierte an der Nordland Hochschule für Kunst und Film auf den Lofoten in Nordnorwegen. Kleinlein arbeitet als Designer und Kameramann in verschiedenen Projekten. Seit 2020 ist er Teil von Total Refusal.
Photo: (c) Total Refusal
Robin Klengel
Robin Klengel, (*1988 in Graz), lebt und arbeitet als Künstler, Illustrator und Kulturanthropologe in Wien und Graz. Er forscht, schreibt Texte, hält Vorträge, Workshops und Lehrveranstaltungen und macht Filme im Bereich der künstlerisch-wissenschaftlicher Erforschung städtischer und digitaler Räume. Im Kollektiv leitet er sei 2021 das Forum Stadtpark in Graz. Er ist Gründungsmitglied von Total Refusal.
Photo: (c) Clara Wildberger
Leonhard Müllner
Leonhard Müllner (*1987 in Graz) lebt und arbeitet als bildender Künstler und Medienforscher in Wien. Er studierte Bildende - und Medienkunst in Linz (AT), Leipzig (DE) und Wien (AT) und hat an der MKKD Linz bei Helmut Lethen in Medienwissenschaften promoviert. Er ist Gründungsmitglied von Total Refusal.
Photo: (c) Total Refusal
Michael Stumpf
Michael Stumpf (*1985 in Wels), studierte Philosophie in Wien sowie Medienkultur und Kunsttheorien in Linz. Michael Stumpfs Forschung verschränkt seinen phänomenologischen Hintergrund mit der Medien- und Kultursemiotik und analysiert die Relevanz und Funktionsweise von populärkulturellen Tropen. Er arbeitet auch als Künstler, Designer und Programmierer. Er ist Gründungsmitglied von Total Refusal.
Photo: (c) Clara Wildberger